Jugend in der Pandemie. Ein Kommentar von Victoria Juston

In den vergangenen 1,5 Jahren gab es nur ein Thema:Corona. Viel wurde auch über die Jugend berichtet, doch kaum einmal wurden wir wirklich gefragt. Wie erging es uns wirklich. Mein Name ist Victoria Juston, ich bin 18 Jahre alt und ich habe in meinem Kommentar die größten Störfaktoren und Veränderungen unseres Lebens thematisiert.

Ein sehr einschneidendes Erlebnis für viele Jugendliche in diesen Jahren ist die Corona-Pandemie. Es ist ein Thema, welches Menschen aus der ganzen Welt betrifft. Dabei gilt es zu bedenken, dass es verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich getroffen hat. Die Unterschiede liegen nicht nur zwischen „armen“ und „reichen“ Ländern, sondern auch innerhalb der Länder gab es Unterschiede. Auch zwischen den Alters- und Sozialgruppen empfand man die Krise anders, unsere Eltern empfanden die Pandemie anders als wir. Doch wie erging es uns, der Jugend in der Pandemie? Die Gesellschaft und die Politik hat uns kaum direkt nach unseren Empfindungen gefragt, sondern es wurden immer nur ihre Mutmaßungen verbreitet. Dass sich viele Jugendliche da ungesehen fühlen ist kein Wunder. 

Unser Alltag hat sich drastisch verändert. Wir durften uns nicht sehen, die Schule und das Studium fand und findet größtenteils online statt. Unserer Hobbys konnten wir nicht wie gewohnt ausführen, da nur Individualsport erlaubt war und wir hatten ständig mit dem ungewohnten Gefühl zu der Angst zu kämpfen, weil niemand wusste wie es weitergeht. Es war als hätte die Welt die Luft angehalten. Trotzdem mussten wir jeden Tag unseren Alltag bewältigen.

Um zu verstehen, wie sehr uns die Corona-Pandemie beeinträchtigt hat, ist es wichtig zu wissen wie unser Alltag vor der Pandemie ausgesehen hat.

Zum Beispiel meiner. Heute bin ich 18 Jahre alt und habe Anfang Juli ´21 mein Abitur beendet, gerade mache ich ein FÖJ bei der Naturfreundejugend Landesgeschäftsstelle. Als die Pandemie begann, war ich 16 (Januar 2020). Ich ging in die 11. Klasse und war kurz vor den Abiturvorbereitungen. Im Januar glaubte noch niemand, dass wir im März in einen Lockdown gehen würden, der unseren Alltag wie auch unsere Denkweise und politisches Interesse massiv verändern würde. Mein Alltag war stark von Schule und meinen Freund*innen geprägt. Ich hatte das Glück, dass meine Hobbys nicht unter dem Lockdown gelitten haben. Reiten und Lesen waren durchgehend erlaubt. Aber ich verlor einen großen Teil, ich ging auf eine Ganztagesschule und war somit 40 Stunden der Woche mit Schule beschäftigt und das schon seit der fünften Klasse. Schule war für mich ein Ort, um Freunde zu treffen und eigentlich etwas, dass ich gerne tat, somit entspreche ich in diesem Punkt wohl nicht dem Durchschnitt der deutschen Jugendlichen. Den Stützpunkt Schule in dieser Form gab es für uns nicht mehr. Wir hatten nicht wirklich begriffen was Corona eigentlich bedeutet, da saßen wir nur noch zuhause und verbrachten den Tag damit den Bergen von Arbeitsaufträgen hinterherzukommen. Das alles wäre nicht so schlimm, wäre uns nicht auch noch der Kontakt zu unseren Freunden genommen worden und in vielen Fällen auch die Zeit, die man mit Hobbys verbringen konnte.

Der Anfang war noch nicht so problematisch, der erste Lockdown wurde ganz anders verbracht als die Nachkommenden. Im ersten Lockdown dachten wir alles wäre in ein paar Wochen vorbei. Wir entdeckten neue Hobbys, wie Gartenarbeit, Basteln, Zeichnen und haben Sport gemacht. Wir wurden kreativ und beschäftigten uns mit uns selbst. Und dann war alles wieder schneller geöffnet als man dachte. Auch, wenn alles unter Hygienemaßnahmen lief, der Unterricht, die Arbeit oder Eis essen im Park. Man war erfreut, dass der Alltag endlich wieder los ging, dass sich wenige daran störten.

Doch dann kam im Herbst der zweite Lockdown, es wurde alles bedrückender, denn nun war Corona in jeder Stadt und Gemeinde angelangt. Ausgangssperren wurden verhängt und man fühlte sich in den eigenen vier Wänden eingepfercht. Alle Änderungen im Schulsystem die wir im ersten Lockdown genossen, waren nicht mehr da. Als Schüler*innen bekamen wir während des ersten Lockdowns keine Noten, denn man kann im Onlineunterricht ja schlecht Noten auf etwas geben, dass nie durch Lehrpersonal erklärt wurde. Dies fiel nun weg und wenn man sich notentechnisch im vorrangegangenen Halbjahr verbessert hatte, so hatte man im zweiten Halbjahr die Chance jetzt alles wieder mit schlechten Noten runterzuziehen. Onlineunterricht wurde noch anstrengender und die Angst vor dem Abitur, welches unter solchen Umständen vorbereitet wurde, noch größer. Das Glück in Rheinland-Pfalz ist, dass es kein vollständiges Zentralabitur gibt, je nachdem wie kulant die Lehrer*innen sind, hast du dann Glück, dass sie nicht alles abfragen, was auf dem Lehrplan steht, sondern nur, dass was sie unterrichtet haben. In anderen Bundesländern sah das etwas anders aus. Dort hatte man nicht nur mit der generellen Ungewissheit zu kämpfen, sondern auch damit, dass man nicht wusste, ob man ordentlich auf das Abitur vorbereitet wurde. Es war eine sehr stressbehaftete Phase, nicht zu wissen, ob Themen die nur unzureichend behandelt wurden vielleicht schwerwiegender im Abitur drankommen. Laut des RND, verdoppelte sich die Zahl der Schulabbrecher schon im Jahr 2020.

Als Jugendliche*r in der Pandemie wurde man viel enttäuscht, seien es die Bildungsinstitutionen, die kaum auf eine*n achteten oder die Politik, die den Bildungseinrichtungen vieles verbat und denen eine funktionierende Wirtschaft mehr am Herzen lag als sterbende Menschen auf der Intensivstation. Die meisten Studierenden die im Jahr 2020 ihr Studium begannen, haben ihre Universität nie von innen gesehen und mussten auch Klausuren unter strengsten Bedingungen Zuhause schreiben. Gleichzeitig waren Firmen nicht davon betroffen, einige mussten zwar in Kurzarbeit, doch vieleberufstätige Menschen warendiesbezüglich oftnicht stark von der Corona-Krise betroffen. Es schien als würde die Welt sich weiterdrehen, aber man würde sich nicht darum kümmern, dass einige zurückblieben.

Dass diese ganze Situation schwerwiegend auf die Psyche vieler traf, können sich viele denken. Hier ging es nicht nur um zwischenmenschliche Kontakte, die verloren gingen, oder Hobbys die man ein paar Monate nicht durchführen konnte. Nein hier geht es um konstanten Stress, durch familiäre Situationen, die nicht mehr funktionierten, wenn man jede Minute eines Tages in denselben Räumen verbringt. Oder man hatte konstante Zukunftsängste, da man auf das Abitur oder die Klausur, die man in wenigen Wochen ablegen sollte, unzureichend vorbereitet wurde und man kaum Ahnung hatte was da eigentlich auf einen zukam. Nicht nur die Schüler*innen und Student*innen waren überfordert, sondern auch die zuständigen Lehrer*innen und Professor*innen. Wir haben immer noch damit zu kämpfen, dass viele Möglichkeiten oder Lerninhalte in Ausbildungen und Studiengängen, die wir für unsere Zukunft brauchen unter den bestehenden Hygienemaßnahmen nicht möglich sind. Medizinstudierende lernen Fachinhalte nicht wie üblich an Patient*innen, sondern an Kommiliton*innen. Wenige Firmen haben Praktika angeboten und wenn waren diese meist nur im Home-Office möglich. Azubis fehlen Lerninhalte, weil bei ihnen Berufsschule wie auch einige Betriebe ins Home-Office verlegt wurden, wodurch sie den Kontakt zu ihren Auszubildenden fast komplett verloren. 

Wir sind es satt, dass unsere Politik es unmöglich gemacht hat Corona schneller einzudämmen, und dass es immer noch Leute gibt, die sich gegen bestehende Verordnungen im Kampf gegen Corona wehren. Wir sind es leid, dass Personen in unserem Alter angegriffen und getötet werden, wenn wir auf die bestehende Maskenpflicht hinweisen. Wie es dem 20-jährigen Alexander W.in Idar-Oberstein erging. Uns wird unwohl, wenn wir die Berichte über Querdenkerdemos sehen und Halbwahrheiten über die Klimakrise lesen. Uns überkommt ein mulmiges Gefühl zu sehen, dass in der Altersgruppe der 40- bis 65-Jährigen, die wohlgemerkt die größte in Deutschland ist, die wenigsten Leute geimpft sind. Wir, die Jugend, sind Monatelang zuhause geblieben, um Corona ein Ende zu bereiten. Die älteren Generationen, die unsere Zukunft in den Händen halten, interessieren sich aus unserer Perspektive kaum um unsere Erde oder ihre Jugend. Man muss generationenübergreifend zusammenarbeiten, um alle Interessen zu vertreten und nicht aneinander vorbei zu arbeiten. Es müssen alle Parteien aufeinander zu kommen, damit wir in Sachen Krisenbewältigung jeglicher Art einen Schritt weiter kommen.

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